Wo bist du, Bild, das vor mir stand (Das Traumbild) – Wolfgang Amadé Mozart

Zehn Tage sind seit dem Ende des Krieges vergangen, und Würzburg liegt in Trümmern. Eine bedrückende Stimmung herrscht in der Stadt, die von Verlust und Zerstörung gezeichnet ist. In den Ruinen des Mutterhauses der Erlöserschwestern befindet sich Laura, eine junge Frau, die in der Ungewissheit über das Schicksal ihres Freundes Hannes lebt. Sie sucht nach Erinnerungsstücken, um zu verstehen, was geschehen ist. Die musiktheatrale Installation Hell ist die Nacht begleitet sie bei ihrer Spurensuche und durch ihre innere Reise, getrieben von Trauer und Ungewissheit: »Wo bist du, Bild, das vor mir stand?«
Mozarts 1787 entstandene Lied Das Traumbild mit gleichlautendem Textbeginn trägt diesen Gedanken und ein banges Hoffen auf Wiedervereinigung. Das gefühlvolle Strophenlied basiert auf einem Gedicht von Ludwig Hölty, einem Dichter der Empfindsamkeit. In seinem Text beschreibt er eine tiefe Sehnsucht und den Schmerz des Verlustes, den auch Laura in Hell ist die Nacht empfindet. Durch berührende textliche Bilder wie »eine warme Mädchenhand« und »das große blaue Augenpaar« wird eine intime, schmerzlich vermisste Verbindung zwischen zwei Liebenden beschrieben. Die Sehnsucht der Protagonistin äußert sich in lyrischer Melodik, die stetig an Intensität gewinnt.
In Mozarts Lied bleibt offen, ob das lyrische Ich das geliebte Bild jemals wiedersehen wird. Auch Laura weiß nicht, was während des Kriegs mit ihrem Geliebten passiert ist. Doch nun spürt sie, dass sie der Wahrheit nach langer Ungewissheit nahe ist. Angst und Hoffnung beleben ihr Herz.
In unserer Gegenwart, die erneut von Konflikten, Menschenrechtsverletzungen und Kriegen bestimmt wird, erleben viele Menschen ähnliche Gefühle der Angst, der Hoffnung, des Schmerzes, des Verlustes und der Trauer. Dabei spielen neben der Trennung von geliebten Menschen auch häufig der Verlust von Heimat, Halt und Zugehörigkeit eine Rolle – durch Migration, Vertreibung und die Zerstörung von Lebensgrundlagen. Die Suche nach Identität und einem Ort, an dem man sich zu Hause fühlt, ist eine universelle Herausforderung, die Menschen weltweit betrifft und allzu häufig in Frage gestellt wird. (Leonie Meklenburg)